28.08.1968: SVE – Eintracht Braunschweig
SV Eintracht Lüneburg – Eintracht Braunschweig 0:6 (0:4)
So., 28. August 1968, Lüneburg, Eintracht-Stadion Hasenburg, Zuschauer: 4.000
SVE: Leppich — Maszutt, Micknewitz — Frahm, Tiedemann, Freith — Michels, Bockemühl, P. Müller, Köcher, Weikert. (46. Twesten, Fenner, Benning)
BTSV: Wolter (46. Öller) — Grzyb, Polywka, Moll, Berg — B. Dörfel, Eifert (46. Maas) — Gerwien, Weiß, Ulsaß (74. Wolter), Saborowski.
Schiedsrichter: Gerhard Boe (Westerweyhe) / N. N. – N. N.
Tore: 0:1 (2.) Saborowski, 0:2 (14.) Ulsaß, 0:3 (18.) Ulsaß, 0:4 (27.) Dörfel, 0:5 (80.) Weiß, 0:6 (85.) Gerwien
Lüneburger Landeszeitung v. 29.08.1968:
Braunschweiger bewiesen ihre Extraklasse
Gerwien und Dörfel überragten – 4000 Zuschauer waren begeistert – Eintracht Lüneburg unterlag 0:6
Eine Demonstration von Fußball-Extraklasse erlebten gestern abend 4000 begeisterte Zuschauer in Hasenburg. Das Bundesliga-Team von Eintracht Braunschweig besiegte die Bezirksliga-Mannschaft von Eintracht Lüneburg klar mit 6:0 (4:0) Toren, ohne sich jedoch über 90 Minuten voll auszugeben. Wenn die „Löwen“ und Meisterschaftsfavoriten allerdings aufdrehten, blieb den Fans aus der Heidestadt beinahe die Spucke weg. Besonders in der ersten halben Stunde entfachten die Braunschweiger einen wahren Wirbel in der Hälfte der Lüneburger. In sagenhafter Form präsentierte sich Schlußmann Leppich. Mit seinen Prachtparaden machte er mindestens ein halbes Dutzend von „todsicheren“ Chancen der Bundesliga-Stürmer zunichte.
Der Eintracht-Platz war gerammelt voll, als die Mannschaften kurz vor 18 Uhr auf den Rasen liefen. Ein paar Jungen waren auf die Bäume geklettert und hatten sich damit „Tribünenplätze“ gesichert. Die blau-gelben „Löwen“ übernahmen gleich nach dem Anpfiff des Unparteiischen Boe (Westerweye bei Uelzen) das Kommando. Ihre rasanten Angriffszüge, die wie im Fußball-Lehrbuch liefen, wurden von einem mittelstarken Sirenenorchester der Lüneburger Jugend begleitet. Viele hundert Zuschauer waren Bundeswehr-Soldaten, die nicht zuletzt kamen, um das Vorspiel Artillerie-Bataillon 31 — Panzerbrigade 8 (Ergebnis 2:1) zu sehen.
Bereits nach 100 Sekunden führten die Braunschweiger mit 1:0. Eifert setzte zu einem 20-m-Spurt an, gab an Saborowski ab, und gegen dessen Schuß aus kürzester Entfernung war für Leppich kein Kraut gewachsen. Im Gegenzug hatte Ochojski eine große Gelegenheit. Er sah nur noch Wolter vor sich und schoß überlegt — aber knapp am Gehäuse des Nationaltorhüters vorbei, der fast arbeitslos war.
Überragende Spieler in der Bundesliga-Mannschaft: Bernd Dörfel und Gerwien. Ihre Flankenläufe auf der rechten Seite und die Scharfschüsse aus spitzem Winkel waren eine Augenweide. Daneben taten sich besonders Kopfball-Spezialist Weiß und Torjäger Ulsaß hervor. Der Nationalspieler besorgte in der 14. und 18. Minute aus kurzer Entfernung das 2:0 und 3:0. In der 27. Minute dann ein Sonntagsschuß von Dörfel zum 4:0 — eine unhaltbare Bombe ins lange Eck, die der ehemalige Hamburger beinahe von der Eckfahne aus losließ.
Natürlich war der Klassenunterschied allzu deutlich. Auf der einen Seite die Braunschweiger: perfekte Techniker, schnelle Läufer mit fast unerschöpflicher Kondition, Spieler mit Übersicht in jeder Lage und blitzgefährlichen Schüssen. Auf der anderen Seite die Lüneburger, die wacker kämpften und auch einige Chancen hatten, die aber vergeben wurden — nicht zuletzt natürlich deshalb, weil die Hasenburger gegen einen der besten europäischen Fußball-Abwehrblöcke anrennen mußten.
Nachdem die eindeutige 4:0-Führung feststand, ließen es die Gäste etwas ruhiger angehen. Bei Gegenzügen hatten Köcher, P. Müller und Michels, der im Lüneburger Sturm am besten gefiel, Chancen; aber die Bälle verfehlten das Tor oder wurden eine Beute des reaktionsschnellen und fangsicheren Schlußmannes Öller (früher VfB Peine). In der Mitte der zweiten Halbzeit, als die Braunschweiger ein wenig viel im Mittelfeld tändelten, wurden vereinzelt Pfiffe laut. Man wollte wieder sehen, wie die Spieler des Exmeisters mit ein oder zwei millimetergenauen Pässen das Feld überbrückten.
Da gab es in der 74. Minute eine Überraschung: Torwart Wolter streifte sich das Trikot des leicht verletzten Ulsaß über und stürmte mit seinen Kameraden. Als kurz darauf das Flutlicht eingeschaltet wurde, schien das wie ein Signal für die etwas müde gewordenen „Löwen“ zu sein. Sie zeigten wieder ihre Krallen und schössen Tore, die die Zuschauer sehen wollten: Weiß erzielte in der 80. Minute mit Kopfball nach Gerwien-Flanke das 5:0, und fünf Minuten später war es Gerwien selbst, der das Leder zum 6:0 ins lange Eck setzte. Weitere Chancen aber machte Leppich hechtend und tauchend zunichte.
Wolter wollte unbedingt ein Tor schießen.
„Ja, komm, Micha, Micha!“ rief er Polywka in der Schlußminute zu. Der Nationalspieler erhielt den Ball, aber statt eines Torschusses gab es nur eine mißglückte Flanke. -eher
Eintracht Braunschweig: Wolter — Grzyb, Polywka, Moll, Berg — B. Dörfel, Eifert — Gerwien, Weiß, Ulsaß, Saboroswki. Nach der Pause öller für Wolter und Maas für Eifert, ab 74. Minute Wolter für Ulsaß. Base war beurlaubt, Schmidt und Kaack fehlten wegen Verletzungen.
Eintracht Lüneburg: Leppich — Maszutt, Micknewitz — Frahm, Tiedemann, Freith — Michels, Bockemühl, P. Müller, Köcher, Weikert. Nach dem Seitenwechsel kamen auch Twesten, Fenner und Benning zum Einsatz.
Bernd Dörfel:
Leppich machte uns das Leben sehr schwer
TRAINER HEINZ PATZIG (Eintracht Braunschweig): „Wir haben nicht mehr getan, als es nötig war. Die Begegnung hat ihren Zweck erfüllt. Es sollte ein Trainingsspiel mit einem unbekannten Gegner sein, der sich gegen uns mit aller Kraft einsetzte.“ Trainer Helmut Johannsen blieb § wegen einer Magenverstimmung infolge der Klimaumstellung zwischen Portugal und Norddeutschland zu Hause.“
BERND DÖRFEL (Eintracht Braunschweig): „Die Lüneburger hätten etwas cleverer im Ausnutzen der Chancen sein müssen, dann wäre auch ein Ehrentor gefallen. Ausgezeichnet Torwart Leppich. Er hat uns das Leben sehr schwer gemacht und schöne Paraden gezeigt. Es macht uns Spaß, in der Woche einmal aus Braunschweig herauszukommen, sich in solch einem Spiel auszulaufen und zu sehen, wie man sich fühlt. Wir gehen optimistisch in die Begegnung mit Hertha BSC. Wenn wir mitreden wollen, müssen wir schon die Spiele zu Hause gewinnen. Ich fühle mich in Braunschweig wohl. Alle sind sehr kameradschaftlich zu mir.“
TRAINER GERFRIED MNICH (Eintracht Lüneburg): „Wir hatten das eine oder andere Tor verdient. Das hätte der Mannschaft Auftrieb gegeben. Die Ruhe und Kaltblütigkeit fehlten. Die große Entdeckung der Partie war für mich Michels. Er konnte noch am ehesten mit dem technisch ausgezeichneten und kraftvollen Spiel der Braunschweiger mithalten. Aber alle zeigten Einsatz und wollten das beste geben.“
TORWART LEPPICH (Eintracht Lüneburg): „Ich hab‘ vielleicht ein paar satte Dinger draufgekriegt — vor allen Dingen: aus allen Lagen geschossen, ohne lange zu fackeln.“
Vereinsnachrichten:
Eintracht Braunschweig auf der Hasenburg
Anlässlich des 65. Bestehens unserer Vereinigung trat ein namhafter Gegner auf der Hasenburg an: Der Deutsche Fußballmeister von 1966/67 – Eintracht Braunschweig.Über 4.000 Zuschauer waren auf der Hasenburg am Mittwoch, dem 28. August 1968, anwesend, darunter viele Ehrengäste. Der damalige 1. Vorsitzende – Hans Stolle – begrüßte die Gäste aus Braunschweig herzlich und überreichte als Andenken ein Bild.
Dieses Jubiläumsspiel, welches darüber hinaus zugleich eine Werbung für den Verein wurde, war nicht nur ein Höhepunkt im Rahmen des 65-Jährigen Jubiläums sondern auch in unserer langjährigen Vereinsgeschichte. Nach dem Spiel blieben beide Mannschaften noch recht lange in gemütlicher Runde im „Jägerhof“ zusammen.
Ein kleines Erdbeben löste der Brief des zu dem Zeitpunkt amtierenden Geschäftsführers Karl Bernhard bei dem Vorstand von Eintracht Braunschweig aus. Hierin forderte er Trainer Johannsen auf, mit allen Stars in Lüneburg anzureisen, der hierüber so erbost war, dass er das Spiel absagen wollte. Eine Abordnung, bestehend aus Ernst Suhm und Winrich Arndt, musste dann nach Braunschweig reisen und um gut Wetter bitten. Der überreichte Blumenstrauß zum Geburtstag von Herrn Johannsen trug auch zur Versöhnung bei.
In den Mitteilungen für die auswärtige AH-Abteilung der SV Eintracht von Oktober 1968 beschreibt Karl Bernhard das Spiel:
Der Deutsche Fußballmeister 1968 und heißer Anwärter auf den diesjährigen Thron in Lüneburg.
Die Mannschaft war in stärkster Besetzung zum Jubiläumsspiel angetreten. Mit Ausnahme von Bäse – im Urlaub – waren alle Nationalspieler wie Wolter, Gerwien, Maas, Ulsass und Dörfel mit von der Partie. Somit bekam das Lüneburger Publikum alle Asse der Braunschweiger zu sehen und konnte sich begeistert davon überzeugen, wie stark die „Löwen“ sind. Und die Mannschaft spielte auf !!! Ein Spielzug noch schöner als der andere. Vor allem, wenn Ulsass seine Kreise zog und den rechten Flügel mit Gerwien und Dörfel ins Spiel brachte. Beifall auf offener Szene gab es laufend.
Es war verständlich, dass unsere Mannschaft in den ersten 30 Minuten das bewusste Lampenfieber hatte. Aber mit zunehmender Spielzeit, hauptsächlich nach der Pause, steigerte sich diese sehr. Dies traf vor allem für unsere Abwehr zu. Somit dauerte es sehr lange, bis die Gäste zu weiteren 2 Toren kamen. Den Braunschweigern gebührt ein herzliches Dankeschön, dass nicht nur die komplette Bundesligamannschaft antrat, sondern darüber hinaus im ersten Abschnitt aber auch alle Spieler ihr Bestes gaben und dadurch den Lüneburgern Fussball in Vollendung zeigten. Aber auch unserer Vertretung gebührt ein Lob. Die Mannschaft übertraf sich selbst, allen voran Torwart Leppich, der wohl sein bisher bestes Spiel lieferte und bei seinen guten Abwehraktionen laufend Beifall quittieren konnte. Unsere Stürmer hatten zwei große Möglichkeiten, aber ihnen stand ein Wolter im Tor der Braunschweiger gegenüber, der eben bewies, dass er Nationaltorwart ist.
Alles in allem eine Werbeveranstaltung anlässlich unseres 65. Jubiläums, welche gewiss etliche neue Fußballfreunde gewonnen hat.
Im übrigen endete das Spiel 6 : 0 (4 : 0) für Eintracht Braunschweig.
Hamburger Abendblatt v. 29.08.1968:
Lüneburger Landeszeitung v. 28.08.1968:
Tausende wollen Eintracht Braunschweig sehen
Die „Löwen kommen heute mit ihren sämtlichen Assen
Um 18 Uhr wird die Begegnung bei Eintracht Lüneburg angepfiffen
Mit Nationalspielern Wolter, Base, Dörfel, Ulsaß, Gerwien, Maas
Mit ihren sämtlichen Assen kommt die Fußball-Bundesliga-Mannschaft von Eintracht Braunschweig heute nach Lüneburg. In der Freundschaftsbegegnung mit der SV Eintracht um 18 Uhr in Hasenburg werden u. a. dabei sein: die Nationalspieler Wolter, Base, Dörfel, Ulsaß, Gerwien und Maas. Tausende von Sportfreunden in der Heidestadt warten gespannt auf die Fußball-Demonstrationen der „Löwen“, die zuletzt eine ausgezeichnete Form zeigten und als Meisterschaftsfavorit gelten. Bis gestern waren bereits 1500 Karten im Vorverkauf abgesetzt.
Horst Wolter — Joachim Base — Bernd Dörfel: schon diese drei klangvollen Namen bürgen für die Qualität der Braunschweiger Mannschaft. In Deutschland gibt es zur Zeit keinen besseren Torwart als Wolter. Libero Base gilt als der zuverlässigste Abwehrspieler der Fußball-Bundesliga. Und welcher Verteidiger in der höchsten Spielklasse fürchtet nicht die Flankenläufe von Bernd Dörfel, der vor einigen Monaten durch seine glanzvollen Leistungen in Länderspielen und Europacup-Begegnungen erneut aufhorchen ließ? Sieht man einmal vom Nachwuchs-Schlußmann öller ab, dann stehen nur Routiniers mit internationaler Erfahrung in den Braunschweiger Reihen.
Die Bezirksliga-Mannschaft von Eintracht Lüneburg wird es gegen die ausgezeichnete Abwehr der „Löwen“ natürlich sehr, sehr schwer haben. Immerhin haben die Hasenburger gegen klassenhöhere Teams oft besonders gefallen. In der Eintracht gibt es gute Techniker. Wenn das Direktspiel nicht vernachlässigt wird und — wer wollte daran zweifeln — die Mannschaft bis zum Umfallen kämpft, ist die Begegnung wohl auch für die Braunschweiger Namensvettern kein Sonntagsspaziergang.
Um 15 Uhr wird der Gast zu Hause abfahren. Die Polizei will den Braunschweiger Mannschaftsbus von Melbeck nach Hasenburg eskortieren. Spieler und Vorstände beider Vereine werden nach der Freundschaftsbegegnung im „Jägerhof“ Zusammensein. Gegen 23 Uhr wollen die Braunschweiger, die am Sonnabend Hertha BSC zu einem Punktspiel erwarten, wieder nach Hause zurückkehren.
Vom Sande fahren heute abend Sonderbusse zur Hasenburg. Folgende Parkzonen stehen zur Verfügung: in der Süßen Heide, im Häcklinger Weg (Richtung Häcklingen und Oedeme), im Hasenburger Ring (Einfahrt von der Soltauer Chaussee) und auf dem Parkplatz Garbers. Die Soltauer Chaussee steht entgegen einer früheren Zusage nicht als Parkzone zur Verfügung.
Das Vorspiel Panzerbrigade 8 gegen Artillerie-Bataillon 31 ab 16 Uhr ist bereits ein kleiner Leckerbissen. Für die Panzerbrigade spielen u. a. Laloi (Vertragsspieler bei Phönix Lübeck), Görch (RW Oberhausen), Pflug (TSC Winsen), Alvermann (SV Munster), Eichstädt (SC Uelzen), Reuter (FC Wolfsburg, früher LSK), Rehbein (früher Eintracht Lüneburg) und Hunecke (Bor. M.-Gladbach). Das Artillerie-Bataillon hat u. a. aufgeboten: Zscheile und Ceglarek (beide LSK), März und Schmidt (beide Eintracht Lüneburg) sowie Reimann (TSC Winsen). Man erwartet allein etwa 1000 Bundeswehrsoldaten unter den Zuschauern. In den Pausen musiziert der Spielmannszug aus Melbeck. eher