1970: USA
Die große Reise: USA 1970
In der Zeit vom 25. Juni bis 22. Juli 1970 ging die SV Eintracht, zusammen mit der SSV Vorsfelde, auf große Amerika-Tournee. Eine erlebnisreiche Reise liegt hinter Aktiven und Betreuern, die innerhalb dieser Zeit mit den Überlandbussen 10.000 km abfuhren. Auch die LZ berichtete in ihren Ausgaben vom 15.07. und 24.07.1970 hierüber.
Alemannia Salt Lake City – SV Eintracht Lüneburg 2:6 (0:3)
Salt Lake City, 29.06.1970
Nach der Non-Stop-Fahrt von New York nach Salt Lake City, bei der 3.600 km in 50 Stunden Fahrt mit den „GreyHounds“ zurückgelegt wurden, war die Elf von „Alemannia“ der erste Gegner. Hier wurde ein 6 : 2-Sieg herausgespielt und die Kampagne begann gleich mit einem Erfolg.
Denver Kickers – SV Eintracht Lüneburg 2:0 (1:0)
Denver/Colorado, 01.07.1970
Zwei Tage später trat die Mannschaft in Denver auf. Die vorausgegangene ganztägige Busfahrt und die ungewohnte Höhenlage (1.660 m) machte den Lüneburgern schwer zu schaffen und sie verloren mit 0:2. Etwas ungewohnt war für die Einträchtler der Ansager, der während des gesamten Spieles Erläuterungen für die Zuschauer gab, die mit den Regeln wenig vertraut waren. Auch in Denver war die Gastfreundschaft wieder besonders gut.
Dayton German Edelweiss – SV Eintracht Lüneburg 1:4 (0:0)
Dayton/Ohio, 04.07.1970
Von Denver aus ging es in einer 30-stündigen Busfahrt weiter nach Dayton (Ohio). Hier traten die Einträchtler gegen die „Dayton German Edelweiss“ an. Man merkte den Spielern doch die Strapazen der Fahrt an, und nach einer schwachen 1. Halbzeit schafften sie noch einen 4:1–Erfolg. Hier verblüfften die Gastgeber die Lüneburger durch ihre genauen Kenntnisse des deutschen Sportgeschehens. Ein Mitglied des Vereins hatte im Keller einen alten Radioapparat, der ständig auf die Deutsche Welle eingestellt war. Außerdem hatten 5 Spieler den „Kicker“ abonniert.
Bavarian Soccer Club Milwaukee – SV Eintracht Lüneburg 0:1 (0:0)
Milwaukee, 08.07.1970
Zwei Tage später ging es bereits weiter nach Milwaukee, der Stadt mit den meisten und größten Bierbrauereien Amerikas. Im „Bavarian Stadium“ gab es gegen die „Bavarian Soccer“ das spannendste Spiel der ganzen Reise. Die Hasenburger siegten durch ein Tor von Peter Müller knapp mit 1:0. Das anschließende Bankett fand im feudalen Clubhaus der Bavarians (Kosten: eine halbe Million Dollar) statt. Dem Verein ging es finanziell sehr gut, denn er wurde von der Pabst-Brauerei jährlich mit 5.000 $ unterstützt. Als Gegenleistung machten die Spieler für die Brauerei Reklame, indem sie am Jackett das Wappen der Brauerei trugen und viel Pabst-Bier tranken. Überrascht war man auf Seiten der Hasenburger, als man erfuhr, dass in den Reihen der Bavarians ein ehemaliger Lüneburger spielte. Bruno Bürkle wuchs am Hasenburger Berg auf und verließ 1957 Lüneburg, um sein Glück in der „Neuen Welt“ zu suchen.
Cleveland Danube Swabians (Donauschwaben) – SV Eintracht Lüneburg 4:3 (3:2)
Cleveland/Ohio, 11.07.1970
Doch auch in Milwaukee hieß es bald Abschied nehmen. Nächste Station auf der Reise war Cleveland/Ohio. Hier fand am Erie-See die fünfte Begegnung der USA-Tour statt. Gegen die „Danube Swabians (Donauschwaben)“ gab es eine 4:3-Niederlage. Mit ausschlaggebend war, dass erstmals am Sonntag Nachmittag bei drückender Hitze gespielt wurde. Die hohe Luftfeuchtigkeit von nahezu 100 % machte jede Bewegung zu einer besonderen Anstrengung. Aber auch die Eintracht-Abwehr hatte einen rabenschwarzen Tag. Auch in Cleveland zeigte sich wieder, dass die deutschen Einwanderungs-Vereine eine „Insel des Deutschtums“ waren.
Hansa Fortuna United – SV Eintracht Lüneburg 1:0 (0:0)
Chicago, 15.07.1970
Von Cleveland aus fuhren die Einträchtler nach Chicago. Das dortige Spiel gegen „Hansa Fortuna United“ litt besonders unter der nachlassenden Kondition der Hasenburger. Trotz ständiger Überlegenheit gelang ihnen kein Tor, während den Gastgebern kurz vor dem Ende des Spieles der siegbringende Treffer glückte. Chicago war eine Hochburg des amerikanischen Fußballs. In den Reihen der Hansa Fortuna United spielte zur Zeit der damaligen Profi-Liga auch Horst Szymaniak.
Am Tage nach dem Spiel in Chicago folgte für die Einträchtler mit der Besichtigung der Niagarafälle einer der Höhepunkte der Reise. Von der kanadischen Seite aus wurde das Naturschauspiel bewundert. Der Verein „German Village Niagara Falls“, dessen Spieler die Lüneburger in Cleveland kennen gelernt hatten, bewirteten ihre Gäste anschließend in seinem Clubhaus.
United German Hungarians – SV Eintracht Lüneburg 3:3 (2:0)
Philadelphia, 19.07.1970
Das letzte Spiel fand dann in Philadelphia statt. Die „Deutsch Ungarn“ erwiesen sich als einer der stärksten Gegner. Die müden Lüneburger lagen zur Halbzeit mit 0:2 hinten. In der zweiten Hälfte wurden noch einmal alle Kräfte mobilisiert, und man raffte sich zu einer großartigen Leistung auf. Beutler erzielte zwei herrliche Tore, Bockemühl gelang der Ausgleich. Doch zum Schluss fehlte das Glück für den Siegtreffer.
Abschluss und ein weiterer Höhepunkt der Reise waren die letzten zwei Tage in New York. Auf einer Schiffsfahrt rund um die Insel Manhattan und bei Besichtigungen der wichtigsten Sehenswürdigkeiten lernten die Hasenburger diese faszinierende Weltstadt kennen.
Erschöpft und müde, aber begeistert von der erlebnisreichen Reise, kehrte die Mannschaft zurück. Auch heute noch geben viele Beteiligte die damals gesammelten Eindrücke mit großem Enthusiasmus wieder. Mit ihrem korrektem Auftreten und der Aufgeschlossenheit der Mannschaft wurde Werbung für den Fußball betrieben. Sie waren ein hervorragender Botschafter unseres Landes.
Lüneburger Landeszeitung v. 08.01.1970:
Mit SV Eintracht nach Amerika
25 Lüneburger können mitfliegen
Wenige Tage nach Beendigung der Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko und mitten im Landesturnfest tritt die Fußball-Mannschaft der SV Eintracht ihre Weltreise in die Vereinigten Staaten an. (Wir berichteten darüber. Wie uns gestern Liga-Obmann Günter Rosenthal mitteilte, werden am 25. Juni 25 Hasenburger in der Boeing sitzen, wenn sie sich vom Flughafen Hannover-Langenhagen abhebt und in Richtung Westen fliegt.
Darüber hinaus aber haben etwa 25 Lüneburger die Gelegenheit, diese Fahrt in die USA mitzumachen. Günter Rosenthal: „Jeder kann sich an dieser Fahrt beteiligen. Hin- und Rückflug kosten etwa 700 Mark. Der einzige Nachteil: Sie können die SV Eintracht nicht auf ihre Tournee begleiten, weil die Teilnehmerzahl beschränkt ist.“ Näher Einzelheiten erfahren alle Interessenten bei Herrn Thrun in der Schlieffenkaserne (Tel.: 5 10 71/App. 417) oder privat unter der Nummer 516 09. Rückflug ist am 21. Juli, die Fahrt fällt also genau in die Sommerferien.
Lüneburger Landeszeitung v. 22.05.1970:
Eintracht 27 Tage in Amerika
Lüneburger führen sechs Spiele durch – 29 Reiseteilnehmer
Die Vorbereitungen der USA-Reise der Sportvereinigung Eintracht von 1903 haben nunmehr ihren Höhepunkt erreicht. Wochenlang — ja, über Monate haben diese Vorbereitungen hinter den Kulissen der laufenden Meisterschaftsrunde angedauert. Dieses in der Lüneburger Fußballgeschichte herausragende Unternehmen wurde von Erich Thrun und Günter Rosenthal „Steinchen für Steinchen“ aufgebaut und so weit vorangetrieben, daß die Reise über den großen Teich nunmehr erfolgen kann. Es war nicht ganz leicht, für die beiden verantwortlichen Eintracht-Fußballer, dafür aber die Freude nach getaner Arbeit nunmehr um so größer.
Die Reisegesellschaft setzt sich aus den Vereinen Eintracht Lüneburg, SSV Vorsfelde und Sülbeck zusammen. Die drei Vereine starten die Reise am 25. Juni ab Hannover-Langenhagen nach New York und kommen am 21. Juli zurück. In New York trennen sich die Reiserouten. Die Gastfreundschaft der deutsch-amerikanischen Klubs haben die Vorsfelder bereits vor drei Jahren ausgekostet. Auch bei der bevorstehenden Reise werden die Gastgeber bemüht sein ihren deutschen Gästen aus der Lüneburger Heide den Aufenthalt in den USA so angenehm wie nur möglich zu gestalten. Stadtrundfahrten. Besichtigungen, Empfänge, Heimatabende mit Tanz werden das Programm bereichern. Man wird den weltbekannten Niagara-Fällen einen Besuch machen. Selbstverständlich wird sich auch in New York umgesehen und eine Bootsfahrt rund um Manhattan starten.
Dem Hin- und Rückflug Langenhagen—New York und zurück haben sich der Lüneburger Reisegruppe verschiedene „Schlachtenbummler“ angeschlossen.
Die Lüneburger Reisegruppe setzt sich aus 29 Teilnehmern zusammen, und zwar 16 Spieler, Vorstandsmitglieder und einige „Schlachtenbummler“.
Nach der Ankunft in New York geht die Fahrt mit einem Charter-Bus nach Salt Lake City (Aufenthalt bis zum 30. Juni). Dann sind die Lüneburger Gäste des Denver Kickers Sport-Club (30. Juni bis 3. Juli), in Dayton erwartet die Lüneburger der German Club Edelweiß Dayton (3. Juli bis 7. Juli). Das nächste Ziel ist Milwaukee und hier ist der Bavarian Club Soccar Club Milwaukee vom 7. Juli bis 10. Juli Gastgeber für die Heidjer. Vom 10. Juli bis 14. Juli wollen sich die Einträchtler in Cleveland vom dortigen Sportklub Danube Schwabians verwöhnen lassen. Die vorletzte Station (in spielerischer Hinsicht) ist Chikago mit dem dortigen Klub Hansa-Fortuna United (14. Juli bis 17. Juli) und schließlich zum Abschluß steigt man vom 17. Juli bis 20. Juli in Philadelphia beim United German Hungarians SC ab. Die Lüneburger Eintracht bestreitet sechs Spiele in USA.
In New York treffen sich am letzten Tag alle drei Gruppen und treten den Heimflug nach Langenhagen an.
Lüneburger Landeszeitung v. 26.06.1970:
Amerika-Reise begann mit etwas Verspätung
40 Einträchtler starteten zur Vier-Wochen-Fahrt
Gestern morgen, kurz vor zwölf Uhr, mit etwas Verspätung, begann die große Reise der Amerika-Fahrer der SV Eintracht. Die 40 Mitreisenden wurden von einer fast ebenso großen Schar Angehöriger verabschiedet. Während für elf Teilnehmer die Reise bereits in New York zu Ende ist, steht weiteren 29 Einträchtlern, darunter vier Frauen, die eigentliche Reise noch bevor.
Erster Haltepunkt der Fahrt ist Salt Lake City am Rande der Salzwüste. Dort findet auch gleichzeitig das erste Spiel gegen den Sportclub Alemannia 1953 statt. Über Denver, Dayton, Milwaukee und Cleveland geht es nach Chikago und zu den Niagara-Fällen.
Eine weitere Station der Reise ist Philadelphia. Von dort aus geht es nach New York, dem letzten Punkt der Reise. Hier stehen den Teilnehmern eineinhalb Tage zur Verfügung, um die Stadt kennenzulernen.
Um sich auch während dieser einmaligen Reise sportlich zu betätigen, sind insgesamt sieben Spiele vorgesehen.
Lüneburger Landeszeitung v. 09.07.1970:
Amerika-Reise der Lüneburger Eintracht-Fußballer
Tournee begann mit Sieg in Salt Lake City
SC Alemannia wurde mit 6:2 geschlagen – Erste Fahrt dauerte mehr als 50 Stunden
Von unserem Mitarbeiter Peter J. Kaundinya
Vorausgegangen war der anstrengendste Teil der Reise. Unmittelbar nach der Landung auf dem John-F.-Kennedy-Airport in New York begann eine Non-Stop-Fahrt von mehr als 50 Stunden bis nach Salt Lake City. Die Gesamtstrecke betrug 3600 km. Die Strapaze wurde durch zwei Pannen und die damit verbundenen Zwangspausen ein wenig gemildert.
Morgens um drei Uhr kamen die Lüneburger erschöpft in Salt Lake City an. Die Gastgeberfamilien hatten trotz der siebenstündigen Verspätung bis zur Ankunft und Begrüßung ausgeharrt.
Nach einem Ruhetag begann am Montagabend das erste Spiel. Etwa 400 Zuschauer hatten sich zu dem als „internationales Fußballspiel“ angekündigten Ereignis eingefunden.
Eigens für diese Begegnung war der Rugby-Platz einer High-School am Rande der Stadt mit Fußballtoren versehen worden. Vor dem Beginn wurden die Nationalhymnen gespielt, die Spieler vorgestellt und Geschenke ausgetauscht.
Nach einem nervösen Beginn — die Eintracht-Elf mußte sich in dieser Formation erst zusammenfinden — fiel schon sehr früh die Führung für die Lüneburger. Während Beutler in der 15. Minute mit einem unhaltbaren 25-m-Schuß das 1:0 geglückt war, besorgte Müller wenig später das 2:0. Müller war es auch, der nach einer halben Stunde den dritten Treffer für die Eintracht besorgte. Nach diesem Treffer steigerten sich die Gastgeber und brachten die Eintracht-Abwehr mehrfach in Verlegenheit.
In der 60. Minute gelang den Gastgebern zwar der Anschlußtreffer, doch bereits im Gegenzug erhöhte Müller auf 4:1. Auch den fünften Treffer erzielte Müller, während Michels nach einem Innenpfostenschuß von Rose Tor Nr. sechs gelang.
Am Abend des darauffolgenden Tages konnten die Lüneburger dann im Fernsehen einen kurzen Ausschnitt ihres Spieles miterleben.
Besonders große Probleme hat der SC Alemannia mit dem Nachwuchs. Es gibt kaum junge Leute, die Fußball spielen wollen. Paul Krug, vor 15 Jahren aus der Schweiz eingewandert und der 33jährige Mittelstürmer des Klubs meinte dazu: „Unsere Mannschaft wird zu alt, einige Spieler sind bereits 40 Jahre alt und das Durchschnittsalter liegt bereits über 30. Eingesessene Amerikaner finden den Weg in die Klubs nicht. Die Spieler sind vor allem Deutsche, Schweizer, Holländer und Engländer.
Fußball-Probleme in Amerika
Der Fußballsport hat im Bewußtsein der Amerikaner noch keinen Fuß fassen können. Bezeichnend waren die Worte eines Farmers in einer Raststätte in Nebraska: Auf die Frage, ob er denn im Fernsehen ein Spiel der Fußball-Weltmeisterschaft in Mexiko gesehen hätte, antwortete er: „Ja, es gab da mal ein Spiel. Aber wir verstehen hier alle nicht richtig, was die Spieler da machen. Wenn es wenigstens wie Football wäre . . . “
Aber auch für Besichtigungen in Salt Lake City hatten die Lüneburger Zeit. Bereits vor dem Spiel hatten die Gastgeber den Spielern die Stadt und ihre Umgebung gezeigt. Salt Lake City, bekannt als Zentrum der religiösen Sekte der Mormonen, bot den Anhängern dieser Sekte im letzten Jahrhundert Zuflucht vor der Verfolgung.
Heute sind etwa die Hälfte aller Einwohner der Stadt Mormonen.
Ihren Tempel, das interessanteste Bauwerk der Stadt, darf man nicht besichtigen, er ist allen Andersgläubigen und auch vielen Mormonen streng verschlossen.
Ein Bad im Salzsee ließen sich die Lüneburger natürlich nicht entgehen. Allerdings wagten nur wenige den Sprung in das Wasser, das siebenmal so salzig ist wie das Wasser der Nordsee und nach dem Toten Meer das salzhaltigste der Welt ist. Einige probierten dann aus, wie man ohne sich zu bewegen schwimmt. Unangenehm ist es nur, wenn man das Wasser in die Augen bekommt.
Auch ein Besuch in der größten offenen Kupfermine der Welt durfte natürlich nicht fehlen. Die Mine liefert fast zehn Prozent der Weltproduktion. Sie sieht aus wie ein riesiges Amphitheater oder ein Stadion für Millionen Zuschauer. Ihr Durchmesser beträgt drei Kilometer, die Tiefe 800 Meter.
Das Wochenende verbrachten alle Sportler an einem der vielen Bergseen in der Nähe der Stadt bei Wasserski und Motorbootfahrten. Die Ruhe war nach den vorausgegangenen Strapazen auch dringend notwendig.
Zwei Tage später verabschiedete man sich von den Gastgebern, um zur nächsten Station der Reise, Denver, zu fahren. Die Alemannen planen für 1972 eine Deutschland-Tournee zu den Olympischen Spielen, mit der Hoffnung auf ein Rückspiel in Lüneburg.
Lüneburger Landeszeitung v. 15.07.1970:
Eine Niederlage für Eintracht-Fußballer auf der Amerika-Tournee
Ansager gab Erläuterungen für Zuschauer
0:2 in Denver – Siege in Dayton, Ohio und Milwaukee – Ehemaligen Lüneburger getroffen
Von unserem Mitarbeiter Peter J. Kaundinya
Nach dem ersten Erfolg in Salt Lake City war die Lüneburger Eintracht auf ihrer Amerika-Tournee auch in den weiteren Spielen recht erfolgreich. Zwei Tage nach dem Sieg in Salt Lake City trat die Elf in Denver an. Hier allerdings, in Mexiko-Höhe, mußte die Elf vor 800 begeistert mitgehenden Zuschauern eine 0:2-Niederlage einstecken, der aber Siege in Dayton, Ohio und Milwaukee folgten.
In Denver machte den Lüneburgern vor allem die ungewohnte Höhenlage (1660 m) zu schaffen. Niemand erreichte in diesem Spiel die gewohnte Leistung. Nachteilig wirkte sich auch die vorausgegangene ganztägige Busfahrt aus. Schließlich hatten die Gastgeber den Vorteil, 18 Spieler in ständigem Wechsel einsetzen zu können, während die Eintracht nur über 13 Spieler verfügte. Nach amerikanischen Regeln ist es durchaus möglich, ausgetauschte Spieler nach einer Ruhepause wieder einzusetzen.
Die Denver Kickers, die die Stärke einer Verbandsliga-Mannschaft besaßen, beherrschten etwa eine Stunde lang das Spielgeschehen. Die Siegtore fielen am Ende der ersten Hälfte und in der Mitte der zweiten Halbzeit. Im Schlußspurt der Hasenburger verhinderte der chinesische Torhüter der Gastgeber einen möglichen Anschlußtreffer.
Etwas ungewohnt war für die Lüneburger der Ansager, der während des gesamten Spieles Erläuterungen für die Zuschauer gab, die mit den Regeln wenig vertraut waren.
Aus dem Vergleich zum „American Football“ ist es auch zu erklären, daß die Schiedsrichter die Regeln wesentlich weiter auslegen, als in Deutschland.
Auch in Denver war die Gastfreundschaft wieder besonders gut. Denver, die Hauptstadt Colorados, bot den Lüneburgern viel Sehenswertes. Mit 1,5 Millionen Einwohnern ist es eine typische amerikanische Großstadt. Sie liegt am Fuße der Rocky Mountains, die hinter der Stadt Höhen bis zu 4000 Meter erreichen.
Nur fünf Stunden nach der anstrengenden 30-Stunden-Busfahrt von Denver nach Dayton (Ohio) traten die Lüneburger gegen die Dayton Edelweiß an. Nachdem in der ersten Hälfte die Strapazen der Fahrt den Spielern „in den Knochen steckte“, raffte man sich nach dem Führungstreffer der Gastgeber zu Beginn der zweiten Hälfte auf und kam durch zwei Tore von Müller und Treffer von Bockemühl und Rose noch zum 4:1-Erfolg.
Sportnachrichten aus Deutschland
In Dayton verblüfften die Gastgeber die Lüneburger durch ihre genauen Kenntnisse des deutschen Sportgeschehens. Ein Mitglied des Vereins hat im Keller einen alten Radioapparat, der ständig auf die Deutsche Welle eingestellt ist. Außerdem haben fünf Spieler den Kicker abonniert. Große Aufregung herrscht jedesmal, wenn die Zeitschrift nicht pünktlich am Mittwoch per Luftpost eintrifft.
In der ersten Hälfte gab es spannende Szenen vor beiden Toren, die jedoch zu keinem Tor führten. Nach dem Führungstor der Lüneburger begannen die Gastgeber einen Sturmlauf auf das von Krause gehütete Tor. Diesen Spielabschnitt überstanden die Lüneburger mit viel Glück, so daß es bis zum Schlußpfiff bei dem knappen 1:0 blieb.
Das anschließende Bankett fand im feudalen Clubhaus der Bavarians (Kosten: eine halbe Million Dollar) statt. Dem Verein geht es finanziell sehr gut, denn er wird von der Pabst-Brauerei jährlich mit 5000 Dollar unterstützt. Als Gegenleistung machen die Spieler für die Brauerei Reklame, indem sie am Jackett das Wappen der Brauerei tragen und viel Pabst-Bier trinken.
Ex-Lüneburger in Milwaukee
Überrascht war man auf seiten der Lüneburger, als man erfuhr, daß in den Reihen der Bavarians ein ehemaliger Lüneburger spielt. Bruno Bürkle wuchs am Hasenburger Berg auf und verließ 1957 Lüneburg, um sein Glück in der „Neuen Welt“ zu suchen.
Bevor er nach Amerika auswanderte, spielte Bürkle in der Schülermannschaft der Hasenburger.
Auf der Deutschland-Tournee der Bavarians im Herbst dieses Jahres, die übrigens auch von der Brauerei finanziert wird, will Bruno Bürkle natürlich auch seine
Heimatstadt und seinen Bruder in Wendisch-Evern besuchen. Auf ihrer Tournee geben die Bavarians auch ein Gastspiel in Uelzen.
Doch auch in Milwaukee hieß es für die Lüneburger bald Abschied nehmen. Nächste Station auf der Reise ist Cleveland.
Lüneburger Landeszeitung v. 24.07.1970:
Großartiger Abschluß der USA-Tournee der SV Eintracht
Werbung für den Fußball in den USA
Von unserem Mitarbeiter Peter J. Kaundinya
Erschöpft und müde, aber begeistert von der erlebnisreichen Reise kehrten am Mittwoch die Spieler der SV Eintracht aus den USA zurück. In den letzten drei Spielen hatten sich die Strapazen der sieben Spiele innerhalb von 18 Tagen und der Busfahrt von mehr als 10 000 km doch bemerkbar gemacht. Kondition und Konzentration ließen stark nach.
In Cleveland gab es gegen die Danube Swabians (Donauschwaben) eine 4:3-Niederlage, in Chikago wurde gegen Hansa Fortuna mit 0:1 verloren, während das letzte Spiel am Sonntag in Philadelphia gegen Germans Hungarina United nach einem mit den letzten Kraftreserven geführten furiosen Endspurt der Lüneburger mit 3:3 endete.
In Cleveland am Erie-See fand die fünfte Begegnung der USA-Tournee statt. Erstmals wurde am Sonntagnachmittag bei drückender Hitze gespielt. Die hohe Luftfeuchtigkeit von nahezu 100 Prozent machte jede Bewegung zu einer besonderen Anstrengung. Obwohl die Eintracht-Deckung einen schwarzen Tag hatte, gab es ein spannendes und gutes Spiel. Bockemühl glich das frühe Führungstor der Gastgeber aus. Die erneute Führung der Donauschwaben resultierte aus einem krassen
Deckungsfehler der Lüneburger, die den Ball am eigenen Strafraum verspielten. Den Ausgleich zum 2:2 besorgte Müller. Doch noch vor der Pause erhöhten die Gastgeber auf 3:2.
Die zweite Hälfte sah eine Drangperiode der Lüneburger, doch wurden einige gute Gelegenheiten vergeben, ehe Michels das 3:3 erzielte. Die Eintracht blieb auch danach in der Offensive, doch bei einem der gefährlichen Konter der Donauschwaben fiel dann das 4:3 für die Gastgeber.
„Insel des Deutschtums“
Auch in Cleveland zeigte sich wieder, daß die deutschen Einwanderungsvereine eine „Insel des Deutschtums“ sind. Die Mitglieder verkehrten fast nur untereinander und haben kaum Kontakt zu Amerikanern. Der durchschnittliche Verdienst in Amerika je nach Beruf beträgt zwischen 160 und 250 Dollar pro Woche. Jeder besitzt sein eigenes Haus mit einer Rasenfläche davor, oft auch mit Swimmingpool. Eine vollautomatische Küche mit Geschirrspülmaschine und ein Farbfernseher gehörten natürlich auch dazu. Die typischen amerikanischen Häuser, meist aus Holz gebaut, kosten etwa 18 000 bis 25 000 Dollar.
Von Cleveland aus fuhren die Lüneburger nach Chikago. Das dortige Spiel gegen Hansa Fortuna United litt besonders unter der nachlassenden Kondition der Hasenburger. Trotz ständiger Überlegenheit der Lüneburger gelang ihnen kein Tor, während den Gastgebern kurz vor dem Ende des Spiels der siegbringende
Treffer glückte.
Chikago war und ist eine Hochburg des amerikanischen Fußballs. Mit den Kickern stellt die Stadt den diesjährigen Amateurmeister der USA. Der Gegner der Lüneburger, die jetzt mit der Fortuna zusammengeschlossene Hansa, ist auch den deutschen Fußball-Freunden bekannt, denn zur Zeit der Profiliga spielte in ihr Horst Szymaniak.
Experiment Profi-Fußball mißlang
Das fehlgeschlagene Experiment der Profiliga vor einigen Jahren, war schwerer Rückschlag für den Fußball in den USA. Die Fußball-Liga wurde damals von ein paar
finanzstarken Unternehmern rein kommerziell aufgezogen, während die amerikanische Öffentlichkeit praktisch keine Kenntnis vom Fußball und auch kaum Interesse hatte.
Alle Mannschaften spielten beinahe jeden Tag und mehrfach gegen denselben Gegner, worunter das Leistungsvermögen der Profis auf die Dauer stark litt. Am Ende der Saison hatte jedes Team weit über 100 Spiele absolviert.
Da jedes Spiel an das Fernsehen verkauft wurde, mußten die Übertragungen etwa alle 15 Minuten für Reklame unterbrochen werden. So konnte es vorkommen, daß die mit einem kleinen Funkgerät ausgerüsteten Schiedsrichter den Befehl zum Abpfiff erhielten und dann entweder ein Foul erfinden oder das Spiel wegen einer fingierten Verletzung unterbrechen mußten — sportlich etwas Unmögliches.
Die Fußball-Liga mußte schließlich auch scheitern, weil dieselben großen Geldgeber wie beim Football und Baseball dahintersteckten, die sich selbst keine Konkurrenz machten und den Fußball nicht zu populär werden lassen wollten.
Inzwischen erholt sich der amerikanische Fußball langsam von diesem Rückschlag. Fußball wird jetzt an allen Schulen gelehrt und damit von unten her bekannt gemacht.
Vorläufig bedarf es in Amerika noch besonders handfester Werbung, um die Zuschauer zu Spielen zu locken. So wurden die Lüneburger auf Plakaten als Deutschlands
Spitzenamateur-Mannschaft angekündigt. Im Bericht einer der führenden Zeitungen von Chikago wurden einige Spieler der Eintracht sogar als Jugendnationalspieler und als zukünftige Bundesliga-Profis herausgestellt. „Ihr müßt diese Übertreibungen schon entschuldigen“, meinte der Hansa-Vorsitzende, „aber wenn wir nicht einige interessante Details erfinden, kommen nur wenige Zuschauer zu unseren Spielen.“
Ein Höhepunkt: Die Niagara-Fälle
Am Tage nach dem Spiel in Chikago folgte für die Lüneburger Gäste mit der Besichtigung der Niagara-Fälle einer der Höhepunkte der Reise. Von der kanadischen Seite aus wurde das Naturschauspiel bewundert. Der Verein German Village Niagara Falls, dessen Spieler die Lüneburger in Cleveland kennengelernt hatten, bewirtete die Lüneburger anschließend in seinem Clubhaus und zeigte den Gästen die Umgebung.
Das letzte Spiel für die Lüneburger fand am vergangenen Sonntag in Philadelphia statt. Die „Deutsch-Ungarn“ erwiesen sich als einer der stärksten Gegner. Sie wurden in diesem Jahr Vize-Amateurmeister der USA und verloren im Kampf um den Titel nur knapp nach Verlängerung gegen Chikago Kickers.
Die glänzend aufgelegten Gastgeber beherrschten zunächst eindeutig das Spielgeschehen und führten zur Halbzeit mit 2:0 gegen die müde wirkenden Lüneburger. In der zweiten Hälfte mobilisierten die Hasenburger ihre letzten Kräfte und rafften sich zu einer großartigen Leistung auf. Beutler erzielte zwei herrliche Tore zum 1:2 und 2:3, bevor in den Schlußminuten Bockmühl den Ausgleich schaffte. Leicht hätte der furiose Endspurt der Lüneburger noch zu einem Siege führen können, doch es fehlte das Glück, um eine der zahlreichen klaren Chancen auszunutzen.
Abschluß und ein weiterer Höhepunkt der Reise waren die letzten zwei Tage in New York. Auf einer Schiffsfahrt rund um die Insel Manhattan und bei Besichtigungen der bedeutendsten Sehenswürdigkeiten lernten die Lüneburger diese faszinierende Weltstadt kennen. Sicherlich werden die erlebnisreichen vier Wochen in den USA für alle Teilnehmer der SV Eintracht unvergeßlich bleiben.
Lüneburger Landeszeitung v. 15.09.1970:
Der U n i t e d S p o r t – C l u b von Philadelphia bedankt sich für den Besuch der Fußball-Amateurmannschaft von „Eintracht“ Lüneburg in den USA. In einem Schreiben an den Oberbürgermeister teilt der Sekretär mit: „Die Mannschaft hat sich als ein guter Botschafter Deutschlands erwiesen“