13.09.1978: SVE – Hamburger SV

SV Eintracht Lüneburg – Hamburger SV 2:5 (1:4)

Mi., 13. September 1978, Lüneburg, Eintracht-Stadion Hasenburg, Zuschauer: 3.500
SVE: Krause – Schlawatzky, Schlüter (46. Langer), Hellfritz, Schmidt – Razza (78. Hofmann), Jurischka, Vogt – Ehrenberg, Göhlke, Bomberka (60. Schlender)
HSV: Kargus (46. Stars) – Kaltz, Hidien (70. Karow), Buljan, Nogly (46. Hartwig) – Ripp, Keegan (78. Bliemeister), Memering (46. Wehmeyer) – Hrubesch, Bertl, Reimann
Schiedsrichter: Manfred Harder (Lüneburger SK) / Gerhard Hellberg – Heinz G. Hansen
Tore: 0:1, 0:2, 0:3 (6., 8., 13.) Keegan, 1:3 (39.) Vogt, 1:4 (42.) Hrubesch, 1:5 (62.) Bertl, 2:5 (77.) Vogt

Lüneburger Landeszeitung v. 14.09.1978:

Die große Supershow des Kevin Keegan

3500 Zuschauer auf der Hasenburg – Enttäuschende Mannschaftsleistung des HSV – Vogt SVE-Torschütze

cst Lüneburg. Das Gastspiel des Hamburger SV bei der SV Eintracht Lüneburg entwickelte sich zur Ein-Mann-Show des Kevin Keegan! Zum 5:2-Erfolg der Hamburger steuerte der englische Nationalspieler allein drei Treffer bei, die er in der 6., 8. und 13. Minute erzielte. Zu diesem lupenreinen Hattrick gesellten sich weitere Treffer von Hrubesch und Bertl, für die SV Eintracht war Vogt zweimal erfolgreich.
Der Hamburger SV begann in bester Bundesliga-Besetzung. Angefangen von Rudi Kargus bis hin zu Willi Reimann war alles da, was Rang und Namen hatte. Vom Anstoß weg, den OB Trebchen ausgeführt hatte, nahm der HSV das Heft wie erwartet in die Hand und kam bereits beim ersten Angriff zur ersten Ecke. Den Eintracht-Spielern merkte man an, daß sie großen Respekt vor den Bundesliga-Profis hatten, dementsprechend zaghaft fielen ihre Aktionen anfangs aus.
Bereits in der 6. Minute stand es 1:0 für den HSV, als Keegan aus 18 Metern abgezogen hatte und ein Abwehrbein den Ball unhaltbar für Krause ins SVE-Netz abfälschte. Im Gegenzug, vom Anstoß weg, donnerte Schlawatzky mit Vehemenz auf das HSV-Tor, doch Kargus hielt sicher. In der 8. Minute erhöhte Keegan, der überall zu finden war, auf 2:0, nachdem er den Ball herrlich über Krause weg ins Tor gehoben hatte.
Gleich darauf prüfte Keegan den SVE-Torhüter erneut mit einem harten Schuß, den Krause jedoch bravourös zur Ecke lenkte. Doch in der 13. Minute nützte Krause seine Kunst nichts mehr, als Keegan nach einem schnell vorgetragenen Angriff freistehend zum Kopfball kam und überlegt zum 3:0 einnickte.
Nach diesen drei schnellen Toren steckte der HSV im Tempo zurück und die Eintracht kam etwas besser ins Spiel. Vor allem Jürgen Hellfritz als Libero und Uwe Razza im Mittelfeld versuchten nun Ruhe in das Eintracht-Spiel zu bringen. Doch vorerst wurden vielversprechende Spielzüge noch unkonzentriert vertändelt. Einmal mehr konnte sich Krause dann auszeichnen bei einem Schuß von Reimann.
Nach einer halben Stunde Spielzeit kam die SVE zu ihrer ersten Torgelegenheit, als Kapitän Schmidt abzog, aber in Kargus seinen Meister fand. Gleich darauf setzte Vogt einen herrlichen Kopfball an, den Kargus nur mit Mühe zur Ecke lenken konnte. In der 39. Minute hatte Vogt, der immer besser ins Spiel kam, mehr Glück: nach einer weiten Flanke bezwang er Kargus mit einem herrlichen Flugkopfball, der vom Innenpfosten ins Netz prallte.
Dieses Tor gab der Eintracht mehr Selbstvertrauen, langsam streiften die Spieler den Respekt vor den Stars ab. Doch nachdem Kargus noch einmal gegen Vogt nach einem langen Paß von Hellfritz gerettet hatte, legte der HSV wieder einen Zahn zu: SVE-Torwart Krause, der in dieser Begegnung über sich hinauswuchs, meisterte einen Hidien-Schuß aus kurzer Distanz meisterhaft. Wenig später mußte für ihn jedoch Schlawatzky auf der Linie klären, als Hidien nach einem Hrubesch-Kopfball frei zum Schuß kam. Den 4:1-Halbzeitstand für den HSV stellte in der 42. Minute das „Ungeheuer“ Hrubesch persönlich her; gegen seinen 14-Meter-Schuß war kein Kraut gewachsen.
Im zweiten Spielabschnitt wurde es in zweierlei Hinsicht düster: Einmal, weil die Flutlichtanlage auf dem Eintracht-Sportplatz viel zu schwach war und zum anderen, weil der HSV spielerisch stark abbaute. Trainer Zebec nahm nach dem Wechsel Nogly, Kargus und Memering heraus, für sie kamen Jimmy Hartwig, Stars und Wehmeyer. Die Eintracht brachte für Schlüter Langer.
Die Hamburger erspielten zwar auch in den zweiten 45 Minuten eine Reihe von Torchancen, es reichte jedoch nur mehr zu einem Treffer, den Bertl in der 62. Minute nach einer Flanke von rechts erzielte.
Dafür lief das Eintracht-Spiel nun umso besser. Der überragende Mittelstürmer Vogt zog in der 77. Minute, als die gesamte HSV-Abwehr aufgerückt war, davon und ließ mit einem prächtigen Schuß Stars keine Chance. Dem Rekord-Torschützen der vergangenen Saison, Horst Hrubesch, blieb ein weiterer Torerfolg versagt, allerdings schoß er bei einem seiner zahlreichen Fehlversuche eine dicke Beule in das hinter dem Tor stehende Feuerwehrauto.
Pech für den HSV, daß der alles überragende Keegan nach einem Zweikampf mit einer Wadenprellung verletzt ausscheiden mußte. Für ihn kam Bliemeister. Allerdings ist sein Einsatz am Sonnabend beim 1.FC Köln dadurch kaum gefährdet, wie Trainer-Assistent Ristic mitteilte.
Die knapp 3500 Zuschauer auf der Hasenburg sahen alles in allem eine müde Partie des HSV, ausgenommen Kevin Keegan, der sehr spiel- und lauffreudig war. Die SV Eintracht zog sich gegen die Profis achtbar aus der Affäre und hatte ihre stärksten Kräfte im überragenden Torhüter Krause, dem umsichtig spielenden Hellfritz und Kapitän Schmidt, sowie im zweifachen Torschützen Vogt, der eins ums andere Mal für Gefahr im HSV-Strafraum sorgte. Doch schon allein um den Wirbelwind Keegan zu sehen, hatte sich für die meisten das Kommen gelohnt.

Bild-Zeitung v. 15.09.1978:

Schreck für Zebec: Keegan wurde vom Platz getragen

Kevin schoß zwei Tore – dann Fußprellung beim 5:2 in Lüneburg

Von KARL HEINZ HEILE

Lüneburg, 14. September
In der 80. Minute sprang HSV-Trainer Branco Zebec von der Bank auf und machte ein besorgtes Gesicht. Wenige Meter vor der Strafraumgrenze lag der englische Superstar Kevin Keegan verletzt am Boden. Er mußte beim 5:2 der Hamburger im Freundschaftsspiel bei Eintracht Lüneburg vom Feld getragen werden.
Nach dem Abpfiff durfte Zebec aufatmen. „Kevin hat nur eine Prellung am Fuß erlitten, seinem Einsatz am Sonnabend beim 1.FC Köln steht nichts im Wege.“
Zu den Leistungen seiner Mannschaft sagte Zebec: „Es war ein munteres Trainingsspiel. Aber man hat gesehen: Unser Problem heißt Magath.
Vor 3500 Zuschauern bekam erstmals nach seiner Verletzungspause Ivan Buljan eine Chance. Er stand die 90 Minuten glatt durch, möglicherweise ist er auch in Köln dabei.
Im Mittelfeld spielte Ditschi Ripp 90 Minuten sehr eifrig, doch unterliefen ihm etliche Abspielfehler.
Gespannt war man auch auf Horst Hrubesch, der am letzten Sonnabend gegen Hertha BSC nach 35 Minuten mit einer Kopfverletzung ausgeschieden war. Der Lange mühte sich sehr, schoß auch ein Tor, doch gab es viele Mißverständnisse mit seinen Nebenspielern.
Überragender Mann auf dem Platz war Kevin Keegan. Der Engländer wirbelte bis zu seiner Verletzung, als sei es ein Punktspiel.
Sonderbeifall erhielt er, als er einen schwungvollen Flankenlauf nicht abstoppen konnte und mit einem hohen Satz über die neben dem Tor stehende Trainerbank sprang.
Die ehrgeizigen Amateure von Eintracht Lüneburg (sie spielen in der Verbandsliga Staffel-Ost) spielten 90 Minuten sehr fair und gaben zu keinem Zeitpunkt auf. Der Lohn: Zwei schöne Tore von Manfred Vogt.
In der zweiten Halbzeit hatte der HSV große Schwierigkeiten mit der spärlichen Trainingsbeleuchtung. Doch an den Abspielfehlern konnte das matte Licht allein nicht schuld sein.
Die Hamburger Treffer schossen Keegan, Bertl (je 2) und Hrubesch.

Lüneburger Landeszeitung v. 12.09.1978:

HSV mit allen Stars…

Spiel des Jahres in Lüneburg zum Jubiläum – Hasenburg als Hexenkessel…

Kaltz und Kargus in Lüneburg

cst L ü n e b u r g . Am morgigen Mittwochabend um 18 Uhr steigt auf dem Sportplatz der SV Eintracht Lüneburg das Spiel des Jahres für die Lüneburger Fußballfreunde: Der Hamburger SV tritt mit allen Stars anläßlich des 75-jährigen Jubiläums der SV Eintracht zu einem Freundschaftsspiel bei der SVE an.
Den Hamburger SV vorzustellen, ist wohl müßig, denn schon jedes Kleinkind weiß von den Erfolgen der Hamburger Traditions-Elf zu berichten. In den letzten Jahren hatte vor allem der ehemalige Manager Dr. Peter Krohn dafür gesorgt, daß der HSV nicht in Vergessenheit geriet. Sein Nachfolger Günter Netzer, dem Fußball-Experten als Spielmacher bei Borussia Mönchengladbach und Real Madrid noch bestens bekannt, liebt es da schon ruhiger. Er lenkt die Geschicke der Profi-Truppe vornehm aus dem Hintergrund, hat die Zügel deswegen jedoch genauso fest in der Hand, was durch sein energisches und bestimmtes Vorgehen im „Fall Keegan“ wohl bestens bewiesen ist.
Dieser Hamburger SV mit all seinen Nationalspielern und Superfußballern soll nun morgen abend dem Jubiläum der SV Eintracht den höchsten Glanzpunkt setzen. Tausende von Lüneburger Fans und solchen, die es werden wollen, pilgern dann zum Eintracht-Sportplatz, um Keegan, Kargus, Kaltz und Co. einmal live vor ihrer Haustür zu sehen. Manager Netzer versprach fest, keinen seiner Stars zu Hause zu lassen und in Bundesligabesetzung anzutreten.
Für die Spieler der SV Eintracht ist jenes Zusammentreffen mit den Kollegen aus dem Oberhaus nicht nur eine große Ehre, sondern vor allem Ansporn dafür, ihre „Verbandsliga-Haut“ so teuer wie möglich zu verkaufen. Trainer Pape schickt seine punktspielerprobte Mannschaft auf den Rasen, und Hellfritz zumindest hat sodann vor Ort Gelegenheit, ehemalige Bundesligagefährten zu begrüßen.
Das begeisterungsfähige Lüneburger Publikum wird vom Stimmvolumen her die Hasenburg zu einer uneinnehmbaren Festung machen und in einen wahren Hexenkessel verwandeln. Denn wo hat man denn heute noch Gelegenheit Bundesliga-Stars so hautnah zu beobachten wie auf dem Eintracht-Sportplatz?